Völkerwanderungskunst

Völkerwanderungskunst
Völkerwanderungskunst,
 
die Kunst germanischer (germanische Kunst) und anderer Stämme der Völkerwanderungszeit Europas im 4.-6. Jahrhundert am Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter Schmuck, Waffen und Gerät, die meist aus Grab- oder Schatzfunden stammen, zeigen verschiedene Dekorationsstile. Guss- und Treibarbeiten aus Gold, Silber und Bronze wurden durch verschiedene Techniken (Niello, Tauschierung, Ziselierung, Filigran, Stein- oder Schmelzeinlage) flächendeckend verziert. Auffälligste Merkmale waren Kerbschnitt und Almandineinlagen in Zellenwerk sowie die Verwendung von Tierornamentik.
 
Eine Wurzel der Völkerwanderungskunst lag in der Kunst der spätrömischen Mittelmeerwelt. Geometrische und kurvolineare Kerbschnittmuster sowie naturalistische Tierfriese des 4./5. Jahrhunderts (meist auf Metallbeschlägen von »Militärgürteln«) waren bei den Germanen inner- und außerhalb des Reiches verbreitet. Das Aufgreifen dieser Techniken und die Umwandlung nach germanischem Geschmack führten an der Nordfront des zerfallenden Reiches und im Innern Germaniens zu unterschiedlichen Ansätzen der Stilentwicklung, unter denen der Beginn des abstrakten germanischen Tierstils bei Nordgermanen, später auch bei anderen Stämmen, und Franken richtungweisend wurde.
 
Eine andere Wurzel hatte die Völkerwanderungskunst in den eurasischen Steppen, wo reiternomadische und iranische Anregungen (Almandineinlagen, Goldblecharbeiten) mit dem spätrömischen Kunsthandwerk verbunden wurden (Steppenkunst). Diese polychromen Metallarbeiten gelangten durch den Vorstoß der Hunnen nach Europa und durch wandernde ostgermanische Stammesteile im 5. Jahrhundert nach W. Die Völkerwanderungskunst erlebte besonders in den Donauländern eine hohe Blüte.
 
Nach 450 verbreitete sich dieser Kunststil auch bei den Westgermanen (besonders den Franken; Childerichgrab) und schuf in Verbindung mit dem provinzialrömischen Kerbschnitt und dem Tierstil die Voraussetzungen für die merowingische Kunst.
 
Literatur: germanische Kunst, Hunnen.

Universal-Lexikon. 2012.

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